Geisterdämmerung

Vorspiel

Schlaf, mein Kind, schlaf ein.
Sieh, der gute Mond hält wacht,
strahlend in der dunklen Nacht
blitzen tausend Sternelein.
Schlafe süß, schlafe fein,
schlaf, mein Kind, schlaf ein!

Schlaf, mein Kind, schlaf ein.
Sieh, die Wölkchen, weiß wie Schafe
ziehn vorüber, und jetzt schlafe
bis zum nächsten Sonnenschein,
Schlafe süß, schlafe fein,
schlaf, mein Kind, schlaf ein!

Tausend kleine Alptraum-Geister 
versüßen dir die nächtliche Ruh', 
Abraxas, der große Hexenmeister 
drückt persönlich dir die Augen zu.

Aus allen Spalten und Ritzen 
kriechen Würmer und manches Ungetier, 
rubinrote Augen blitzen, 
brodelndes Hexen-Elixier.

Staub der Jahrhunderte und Spinnweben, 
der Hall von Todesschreien liegt in der Luft, 
irgendwann endet auch dein Leben 
und du liegst in der Gruft.

Jeder flüchte, solange er noch kann:
Die Geisterdämmerung fängt schon an!

Lied vom Säurebad 

Willst du nach des Tages Lasten 
zeitgemäß gemütlich rasten, 
leg' dich in die Badewann', 
schalt das Badewasser an, 
doch bedenk', dass man zuletzt 
noch ein Mittelchen zusetzt:
Besser noch es funktioniert, 
nimmt man es gleich konzentriert.

H-Zwei-S-0-Vier 
ist ein Lebenselixier, 
und wer darin döst, 
fühlt sich gleich ganz aufgelöst, 
darum rat ich dir:
H-Zwei-S-0-Vier.

Ich hab' manches schon probieret, 
extra die Chemie studieret, 
leider auch die Medizin,
wie Herr Faust mit viel Bemüh'n. 
doch dabei nur eins ich fand, 
was so voll und ganz entspannt:
(Optimal erfüllt's den Zweck,
lässt man gleich das Wasser weg.)


H-Zwei-S-0-Vier ...

Aperetivische Sentenzen

Gin und Strychnin - ist für mich die beste Medizin


Für mich einen Martini Dioxin - 
gerührt und nicht geschüttelt.

Bloody Mary, frisch gezapft - 
das trinkt der Mann von Welt.


Arsen mit Soda - der Drink für den harten Mann.


Einen Belladonna sec - 
das empfiehlt der Pathologe seiner Familie.



Das Menue

Als Hors d'ouvres wird Wolfspfote ihnen serviert, 
welche jedermann selbst nach Belieben garniert 
mit Drachenmaulsalat und Mumiensülze;
dann als Suppe gibt's Haferschleim a' la mortel, 
sie ist dick und schön schlammig, ganz sensationell 
verfeinert mit Essenz vom Fliegenpilze.

Ein Menü wie noch nie, 
exzellent, dekadent, 
glücklich ist, wer es isst...


Als Fisch gibt es Salzwasser-Haifisch-Filet, 
verfeinertes Schierlingswurzelpüree, 
im Dunkeln ausgegraben.
Als Hauptgang die Leber vom Kulturrezensent, 
viel Alkohol dran, doch sehr exzellent, 
das Beste, was wir haben.

Ein Menü wie noch nie, 
exzellent, dekadent, 
glücklich ist, wer es isst... 


Dazu wird gereicht einer Jungziege Galle, 
nach Wahl auch das Beste von Schaf oder Qualle, 
gewürzt mit einem Geierschmalz-Verschnitt. 
Dessert ist dann Fledermausaugen-Gelee, 
danach einen Mokka oder Spinnenbeintee, 
ich wünsche guten Appetit!

Ein Menü wie noch nie, 
exzellent, dekadent, glücklich ist, 
wer es isst...

Lied von der Moral 

Vor hundert Jahren war die Moral noch nicht so wie sie heut' ist, 
da hat der Herr einer Dame erst einmal galant die Hand g'küßt. 
Wenn sie dann "Hilfe!" nicht schrie,
küsste er noch einmal sie, doch etwas weiter oben!
Das war'n noch Zeiten, charmant und feudal, 
geprägt von doppelter Moral.

Einst kannte einen Seemann ich aus Dover,
der wollte mir sofort an den Pullover.
Ich rief: "Oh nein, lass das fein sein,
da er sonst reißt, zieh' ich ihn over -den Kopf!“

Ich hatte einmal einen Knecht in Brighton, 
mit dem ging ich des Morgens immer reiten. 
Wir ritten los, der Spaß war sehr groß, 
die Pferde ließen wir beiseiten.

In meiner Jugend, da war'n die Männer ja noch so galant, Mann,
'hielten beim Vater des Mädchens, das sie liebten, um die Hand an,
wenn sie was Kleines bekam,
weil sie ja damals die Pille noch nicht nahm, die Arme!
Das war'n noch Zeiten, charmant und feudal, 
geprägt von doppelter Moral.

Es wollte immer ein Student aus Eaton
mit frischen Blumen mir die Ehr' erbieten.
Kam er mit Rosen, ließ ich ihn kosen,
doch warum bracht' er Margariten?

Das war'n noch Zeiten, charmant und feudal, 
geprägt von doppelter Moral

Die Zeiten sind nicht mehr was sie mal waren, 
vor hundertfünfzig langen Lebensjahren, 
doch geb' ich zu, so ab und zu... 
 wenn ich einen attraktiven Mann sehe, der noch nicht ganz so alt wie ich, dann denke ich:
"Wie schön, er ist noch unerfahren!"

Das war'n noch Zeiten, charmant und feudal, 
geprägt von doppelter Moral.